Prozess in Heidelberg: Fast drei Jahre Haft für Schlagstock-Attacken
Heidelberg. (jola) Mit seinem Teleskopschlagstock hat Marco C. nicht nur einen säumigen Freund überfallen und ihm 600 Euro abgenommen, sondern auch einen alten Mann geschlagen, der die Unterwäsche der Freundin des 35-Jährigen in seiner Wohnung hatte. Dafür ist Marco C. am Donnerstag wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren und elf Monaten Haft verurteilt worden. Darüber hinaus ordneten die Richter eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Ebenfalls angeklagt war ein 23-jähriger Freund von Marco C. Er war bei dem Raub dabei, hat die Hauseingangs- und die Wohnungstür des Opfers eingetreten. Seine Strafe: Neun Monate Haft.
Beide Fälle seien "Milieutaten" gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Markus Krumme in der Urteilsbegründung. "Ein Milieu, das geprägt ist durch den Konsum von Suchtstoffen, Verwahrlosung und psychischer Krankheit." Marco C. hat immer wieder Amphetamin konsumiert, seine Freundin ist psychisch angeschlagen und hatte mit dem alten Mann, den der Angeklagte geschlagen hat, viel Zeit verbracht. Der 62-Jährige ist schwer alkoholkrank. "Er war wie ein Opa für sie", hatte Marco C. am ersten Prozesstag gesagt. Auch das Opfer des Raubes war zur Tatzeit drogensüchtig.
Die beiden Angeklagten hätten am Abend des Raubes zusammengesessen, Whiskey getrunken, Marco C. habe Amphetamin genommen, rekapitulierte Richter Krumme. Dann sei man auf die Idee gekommen, sich das Geld von dem säumigen Freund zu holen. Dort angekommen, trat der 23-jährige Angeklagte erst die Hauseingangs- und dann die Wohnungstür auf. Als das Opfer schlaftrunken, vom Lärm geweckt, auf die beiden Männer traf, schlug Marco C. einmal mit dem Teleskopschlagstock zu und forderte sein Geld. Er drängte das Opfer ins Schlafzimmer und griff sich 600 Euro in bar, die dort herumlagen.
Der Überfallene hatte am Dienstag als Zeuge ausgesagt und erklärt, er habe damals Drogen genommen und sei bereits zwei Tage wach gewesen, bevor die Männer plötzlich in seiner Wohnung standen. Seine Aussage vor Gericht schätzte Krumme als wenig belastbar ein. Zu oft habe er seine Version geändert. "Es scheint, als sei er geneigt, seine Angaben mehr an seinen eigenen Interessen zu orientieren als an der Wahrheit", so Krumme. Und auch als er in der Verhandlung auf Widersprüche aufmerksam gemacht wurde, gelang es dem Mann nicht, sie zu erklären. Eine klare Aussage zu bekommen sei gewesen wie "der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln".
Auch auf die Aussage des alten Mannes konnten sich die Richter nicht stützen. Er leidet an einem amnestischen Syndrom – sein Gedächtnis ist also krankhaft gestört. Die Angeklagten gestanden allerdings beide, was die Staatsanwaltschaft ihnen vorgeworfen hatte. So habe Marco C. bei dem alten Mann bei einem Zechgelage die Unterwäsche seiner Freundin unterm Bett gefunden. Weil die drei sich eine Waschmaschine teilten, hatte der 62-Jährige die Chance, an die Unterwäsche zu kommen. Daraufhin habe Marco C. ihn an den Ohren herumgezogen, "wie man einen unbotmäßigen Schüler behandelt hat in alten Zeiten", so Krumme, und ihm dann mit seinem Schlagstock ins Gesicht und auf die Hände geschlagen. "Einen kranken und alkoholisierten Mann so zu demütigen, das stößt einem sauer auf", sagte Krumme. Unter anderem die Geständnisse der Angeklagten wirkten sich allerdings strafmildernd aus – so waren die Richter nicht auf die wenig belastbaren Zeugenaussagen angewiesen.
Update: Donnerstag, 8. Juli 2021, 20.37 Uhr
Schläge für den Unterwäsche-Dieb
Heidelbegr (jola). Einen Freund soll er ausgeraubt, einen anderen geschlagen und auch seiner Freundin Gewalt angetan haben. Die Tatwaffe: sein Teleskopschlagstock. Den hatte Marco C. eigentlich immer in seiner Umhängetasche, wenn er das Haus verließ. Jetzt liegt das Teil bei der Polizei – und der 35-Jährige, der eigentlich anders heißt, sitzt im Gefängnis.
Sein Prozess am Heidelberger Landgericht wegen besonders schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und gemeinschaftlicher Sachbeschädigung hat am Mittwoch begonnen. Marco C. gibt vieles zu: Dass er dem Freund Geld abgenommen und dass er den anderen mit seinem Schlagstock verletzt habe. Die Waffe will er bei dem mutmaßlichen Raub aber nicht eingesetzt haben – und auch seiner Freundin habe er nichts angetan: "Ich habe sie nie geschlagen." Auf der Anklagebank sitzt auch noch ein 23-Jähriger, der bei dem mutmaßlichen Raub dabei gewesen sein soll. Auch er ist geständig. Am ersten Verhandlungstag sprach Marco C. über die Hintergründe der Taten.
Immer wieder habe sein Freund sich Geld geliehen, "immer 20, 30 Euro, aber es hat sich dann geläppert", erklärt Marco C. das Motiv für den mutmaßlichen Raub. Der Freund habe das für Essen gebraucht, eigenes Geld habe er schon lange nicht mehr gehabt: "Er hatte viele Schulden im Kreis wegen seines Drogenkonsums." Dann seien nochmal 150 Euro dazugekommen, weil dieser Freund unbedingt nach Rumänien wollte, um dem ehemaligen Partner seiner Freundin einen Besuch abzustatten. "Ich habe vermutet, dass er das Geld für was anderes ausgegeben hat", so Marco C. Und deshalb wollte er sein Geld zurück. Als der Freund ihm dann versprach, rund 400 Euro vorbeizubringen, und sich dann nicht mehr meldete, zog Marco C. mit dem Kumpel los, der neben ihm auf der Anklagebank sitzt, um sich das Geld zu holen.
Beim verschuldeten Freund angekommen, habe der nicht geöffnet, so Marco C. Sein Kumpel habe dann sowohl die Eingangstür des Hauses als auch die Wohnungstür aufgetreten. Als sie dann auf den alkoholisierten Schuldner gestoßen seien, habe man kurz gesprochen, der eben noch türeneintretende Kumpel habe "danebengestanden wie ein Stoppschild", erzählt Marco C. Er habe sich dann 410 Euro aus dem Schlafzimmerschrank geholt und dann seien sie gegangen: "Es war eine Sache von zwei Minuten."
Der andere Mann, der es laut Anklage mit Marco C.s Schlagstock zu tun bekam, war ein Nachbar des Angeklagten. Der 62-Jährige hatte zur Tatzeit viel Kontakt mit der Freundin von Marco C., mit der der Angeklagte zusammenwohnte. "Er war wie ein Opa für sie." In dieser Zeit sei aber immer wieder Unterwäsche verschwunden. Erst habe er seiner Freundin nicht geglaubt, erzählt Marco C. Doch bei einem Zechgelage ging er mit dem Nachbarn nach unten in dessen Wohnung, um Bier zu holen. Das habe immer ums Bett herum gestanden und als Marco C. darunter schaute, habe er die Unterwäsche seiner Freundin entdeckt. Er habe ihn konfrontiert, den Mann am Ohr gezogen, ihn mit seinem Teleskopschlagstock auf beide Hände und den Kopf geschlagen. Letzteres "aber nur leicht", so Marco C. Der alte Mann jedenfalls musste ins Krankenhaus und wurde operiert.
Bei der Vernehmung des 62-Jährigen zeigte sich jedoch, dass dessen Erinnerungsvermögen krankhaft geschädigt ist. So konnte er nicht viel zur Aufklärung leisten. Nächste Woche werden die Freundin des Angeklagten und das zweite Opfer vernommen. Die Urteilsverkündung ist für nächsten Donnerstag geplant.