DFL diskutiert über 50+1-Regel - Frankfurt-Vorstand fordert Reform
Die 50+1-Regel ist eines der größten Streitthemen des deutschen Fußballs. Einige wollen den Einfluss von Investoren in einem Verein weiter strikt begrenzen. Andere die Regel vollständig kippen. Frankfurt-Vorstand Hellmann hat eine konkrete Reform-Idee.Frankfurt/Main (dpa) - Vor dem Treffen der 36 Profivereine hat Eintracht Frankfurts Vorstandsmitglied Axel Hellmann als erster Bundesliga-Vertreter eine konkrete Reform der kontroversen 50+1-Regel im deutschen Fußball gefordert. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur erneuerte der 46 Jahre alte Jurist seine Idee eines Grundlagenstatuts, das den Einstieg von Investoren bei Vereinen der 1. und 2. Bundesliga einerseits erleichtern, andererseits aber auch an klare und schriftlich fixierte Bedingungen knüpfen soll.«Investoren können je nach Charakter des Clubs einen positiven Beitrag leisten», sagte Hellmann. Ein Investor müsse aber «die Wurzeln, die Tradition und Kultur des Clubs akzeptieren und darf nicht den Anspruch haben, die Identität des Clubs zu verändern.»Deshalb müsse ein Katalog von Punkten geschützt werden, «zum Beispiel der Name, der Standort oder die Farben des Vereins. Dazu gehören auch fankulturelle Themen wie der Erhalt der Stehplätze. Diese Bedingungen müssen unabhängig von der Höhe der Kapitalbeteiligung des Investors sein. Und alle entscheidenden Fragen müssen weiter der Mitbestimmung des Vereins und seiner Mitglieder unterliegen.»Bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Donnerstag in Frankfurt werden die Vertreter der 36 Erst- und Zweitliga-Vereine über die Zukunft der 50+1-Regel diskutieren, aber noch nicht entscheiden. Die Regelung, die den Stammvereinen die Stimmenmehrheit in den Kapitalgesellschaften sichert und den Einfluss von Investoren begrenzt, gibt es nur im deutschen Profifußball.Zuletzt wollte Martin Kind, der Präsident von Hannover 96, bei der DFL eine Ausnahmeregelung zwecks Komplettübernahme des Bundesligisten erwirken. Anfang Februar teilte Kind wenige Stunden vor einer Entscheidung jedoch mit, seinen Antrag vorerst ruhen zu lassen.Wie die «Bild»-Zeitung am Dienstag berichtete, geschah dies aus gutem Grund. Laut Informationen des Blattes hätte die DFL Kinds Antrag abgelehnt. Dies gehe aus einem 78-seitigen Liga-Papier hervor. Die DFL äußerte sich nicht dazu.Kind hatte erklärt, dass sich die Hauptsponsoren-Einnahmen von Hannover 96 in den vergangenen 20 Jahren auf 46 Millionen Euro beliefen. Laut der DFL-Statuten hätte er für eine Komplettübernahme des Vereins in diesem Zeitraum mindestens dieselbe Summe aufwenden müssen. «Es liegt der DFL vor, dass ich mehr Geld aufgewendet habe», sagte der 96-Präsident damals.Nach Angaben der «Bild»-Zeitung sei die DFL bei der Prüfung der eingereichten Unterlagen jedoch nur auf eine Summe von 19,698 Millionen Euro gekommen. Dabei seien die größten Posten nicht einmal Investitionen, sondern Verzichte gewesen - wie auf ein Gehalt als Vereinspräsident und als Geschäftsführer oder die Auszahlung von Tantiemen für ein gewährtes Darlehen. «Weder die Unterlagen noch die Zahlen sind uns bekannt», kommentierte der Verein den Bericht und ergänzte: «An unserer Überzeugung, dass Martin Kind die notwendigen Auflagen erfüllt, hat sich nichts geändert.» Vor allem eine große Mehrheit der Fans, aber auch Vereine wie der SC Freiburg, Borussia Dortmund oder der FC St. Pauli sind eindeutig für einen Erhalt der 50+1-Regel. Kritiker halten sie für juristisch angreifbar und sehen durch sie die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Clubs im Vergleich zu englischen oder spanischen Vereinen gefährdet.«Die Bundesliga muss sich im internationalen Wettbewerb behaupten. Jede andere Sicht wäre eine Verkennung von Realitäten im internationalen Medien- und Sponsorenmarkt», sagte Hellmann. Ein «freies Spiel der Kräfte» wie in der englischen Premier League dürfe es seiner Meinung nach aber auch nicht geben.Das würde «eine Spirale in Gang setzen, die eine Explosion der Gehälter auslöst», argumentierte er. «Die Gehaltssprünge können dann aus den originären Eigenerlösen der Clubs nicht mehr geleistet werden. Das erfordert in der Folge weiteres externes Kapital, damit man weiter mitmischen kann und das wiederum schafft Überschuldungen der Clubs und am Ende vollkommene Abhängigkeiten von den jeweiligen Investoren.» Seine Schlussfolgerung ist deshalb: «Wenn es uns nicht gelingt, bestimmte Punkte abzusichern, die in Deutschland im Fußball einen kulturellen Wert haben, dann sehe ich schon die Gefahr, dass die Leute irgendwann sagen: Das ist ja nur noch Entertainment.»