Angriff auf Botschaft: Iran wirft Israel Tötung von Kommandeuren vor – Bürger in Teheran fordern Rache
Israels Premier schweigt zu dem Angriff auf die iranische Botschaft in Syriens Hauptstadt Damaskus. Irans Staatschef auch. Doch die Wut im Land brodelt. Das zeigen nicht nur Tumulte in Teheran.
Bei Israel zugeschriebenen Luftangriffen auf ein Konsulargebäude der iranischen Botschaft in Damaskus sind am Montag nach Angaben der iranischen Revolutionsgarden sieben ihrer Mitglieder getötet worden. Zu ihnen zählten auch zwei ranghohe Vertreter der Al-Kuds-Brigaden, erklärte die Organisation. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben bei dem Angriff insgesamt elf Menschen. Der Iran kündigte eine "entschlossene Antwort" an.
Die iranischen Revolutionsgarden teilten mit, dass bei dem Angriff die Kommandeure Mohammed Resa Sahedi und Mohammed Hadi Hadschi Rahimi getötet wurden. Die Al-Kuds-Brigaden sind eine Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, die für Auslandseinsätze zuständig ist.PAID Gerät Israel in einen Zwei-Fronten-Krieg? 15.12
Israels Armeesprecher Daniel Hagari lehnte eine Stellungnahme ab. Auch Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei sowie Präsident Ebrahim Raisi blieben still. Ihre Reaktion auf den Luftangriff wird nun zugleich mit Spannung und Sorge erwartet.
Irans Außenministerium verurteilte die Attacke scharf und machte den Erzfeind Israel für den Angriff verantwortlich. "Die Islamische Republik Iran behält sich das Recht vor, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, und entscheidet über die Art der Reaktion", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Experten äußerten bereits die Sorge, dass einige im Iran den Angriff als Kriegserklärung werten könnten. Wie und ob Irans Staatsmacht reagiert, ist jedoch völlig offen.
Irans Botschafter und Familie unverletzt
Die ständige Vertretung des Irans bei den Vereinten Nationen sprach nach dem Vorfall von einem "eklatanten Verstoß gegen die UN-Charta, das Völkerrecht und das Grundprinzip der Unverletzlichkeit diplomatischer und konsularischer Einrichtungen." In einer bei X (ehemals Twitter) veröffentlichten Stellungnahme rief die Vertretung den UN-Sicherheitsrat dazu auf, den israelischen "Terroranschlag" aufs Schärfste zu verurteilen und alle notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um weitere Angriffe zu verhindern.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, die Zahl der Toten bei dem "israelischen Raketenangriff" sei von acht auf elf gestiegen. "Acht Iraner, zwei Syrer und ein Libanese – alles Kämpfer, keine Zivilisten", sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, der Nachrichtenagentur AFP. Sahedi sei der Al-Kuds-Anführer für die Palästinensergebiete, Syrien und den Libanon gewesen. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite oft kaum zu überprüfen.
Die durch den Angriff am Montag vollständig zerstörte und eingestürzte Konsularabteilung ist ein Nebengebäude der iranischen Botschaft in Damaskus, die sich im gehobenen Stadtteil Masseh befindet. In Masseh sind auch viele weitere Botschaften ansässig – sowie die Sitze von UN-Organisationen. Irans Botschafter Hussein Akbari und seine Familie blieben Berichten zufolge unverletzt. Er sagte im iranischen Staatsfernsehen, der Angriff sei von Kampfjets vom Typ F-35 ausgeführt worden. Dem syrischen Verteidigungsministerium zufolge ging der Beschuss von den von Israel besetzten Golanhöhen aus.
Am Schauplatz des Angriffs beobachteten AFP-Journalisten den Einsatz von Rettungskräften, die unter den Trümmern nach Opfern suchten und dabei auch schweres Gerät einsetzten.
Hamas und Russland stellen sich hinter Teheran
Irans Außenminister berief zudem den Schweizer Gesandten ein. Da Washington keine diplomatische Vertretung im Iran unterhält, fungiert der Schweizer Missionschef als Vertreter der USA in Teheran. Als Israels wichtigster Unterstützer "müssen die Amerikaner Verantwortung übernehmen", sagte Amir-Abdollahian laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.
Das russische Außenministerium machte "die israelische Luftwaffe" für den Angriff verantwortlich. "Wir verurteilen diesen inakzeptablen Angriff scharf", erklärte das Ministerium. Der UN-Sicherheitsrat wird auf Antrag Russlands am Dienstag eine öffentliche Sitzung über den Angriff abhalten, wie der russische Gesandte bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanski, im Onlinedienst X ankündigte.
Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon kündigte "Strafe und Rache" für Israel wegen des Angriffs an.
Die islamistische Hamas nannte den mutmaßlich israelischen Luftschlag in Damaskus ihrerseits einen "terroristisch-zionistischen Angriff" und bekundete ihre "uneingeschränkte Solidarität mit dem Iran und Syrien angesichts dieser brutalen Nazi-Aggression." Die Hamas fordere den UN-Sicherheitsrat auf, "aktiv gegen die Besatzung und ihre verbrecherischen Anführer vorzugehen, um ihre Aggression gegen den Gazastreifen und die Region zu stoppen, die Öl ins Feuer gießt und die internationale Stabilität und Sicherheit untergräbt", hieß es in einer Stellungnahme der Gruppe in der Nacht zum Dienstag.Israelische Armee: Ranghoher Hamas-Vertreter in Syrien getötet11.32
In der iranischen Hauptstadt Teheran versammelten sich im Stadtzentrum am späten Montagabend einige Hunderte Regierungsanhänger zu spontanen Protesten, wie Augenzeugen berichteten. Die Menschenmenge forderte Rache für die Tötung der Generäle. Sie riefen unter anderem "Tod für Israel" und "Tod für Amerika".
Israel will Iran mit Attacken auf Syrien abschrecken
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien und will damit verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen wie die libanesische Hisbollah ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor knapp sechs Monaten haben die Angriffe zugenommen. Iranische Militärangehörige sind offiziell nur beratend in Syrien aktiv. Teheran gilt jedoch neben Russland als wichtigster Verbündeter der syrischen Regierung. Seit 2011 tobt ein Bürgerkrieg im Land.
Die Angriffe haben seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der mit der Hisbollah verbündeten islamistischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober zugenommen. Israel äußert sich selten zu seinen Angriffen in Syrien, hat jedoch mehrfach erklärt, es werde eine Ausweitung der iranischen Präsenz in Syrien nicht dulden.
Die Revolutionsgarden sind Irans Elitestreitmacht und gelten als deutlich schlagkräftiger als die reguläre Armee. Gegründet nach der Islamischen Revolution 1979 soll die Einheit einen Putsch verhindern und die Staatsideologie schützen. Die IRGC sind mit den sogenannten Al-Kuds-Brigaden auch im Ausland tätig. Israel gilt als Erzfeind der iranischen Staatsführung.