RNZ-Sommertour: So lecker ist das Handschuhsheimer Feld (plus Fotogalerie)
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Was für eine Vielfalt, was für ein Genuss: Noch immer ist nicht allen in Heidelberg bewusst, welch reichen Schatz diese Stadt mit dem Handschuhsheimer Feld besitzt. Bei der Sommertour schauten jetzt 16 RNZ-Leserinnen und Leser hinter die Kulissen der dortigen Anbaubetriebe. Mit dem Rad ging es am Mittwoch bei herrlichem Sonnenschein durch Felder und Wiesen.
Gleich der erste Stopp der Tour war ein besonderes Juwel: der Ökogarten der Pädagogischen Hochschule am Klausenpfad. Die Leiterin, Biologie-Professorin Lissy Jäkel, schenkte zur Begrüßung erst einmal Tee aus – aufgebrüht mit Pflanzen aus dem Garten. Ob Salbei, Zitronenmelisse oder marokkanische Minze – so eine heiße Tasse Tee schmeckt auch bei 25 Grad erstaunlich gut.
"Den Ökogarten gibt es seit 30 Jahren, und vor Corona hatten wir hier im Jahr bis zu 900 Schulkinder zu Gast", erklärte Jäkel. "Umweltbildung und der Erhalt biologischer Vielfalt sind unsere zwei großen Anliegen." Das 5800 Quadratmeter große Gelände ist wie ein Paradiesgarten, denn neben kultivierten Flächen – es gibt etwa ein "Wildbienenhotel", einen Kräutergarten und eine Streuobstwiese – bleiben einige wilde Bereiche der Natur überlassen. Während die Teilnehmer über die natürliche Süße der Stevia-Pflanze staunten, erklärte Jäkel, was hier so alles wächst: Mönchspfeffer etwa, der die sexuelle Lust angeblich hemmen soll, aber auch die Champagnerrenette, eine Apfelsorte, die so heißt, weil es beim Reinbeißen so spritzt. Studierende aller Fachrichtungen nutzen den Garten. "Im Sommer sind oft Kunststudenten zum Aktzeichnen da", erklärte Jäkel.
Ein paar Hundert Meter weiter begrüßte Hans Hornig wenig später in seiner Gärtnerei. Der 64-Jährige ist seit fast einem halben Jahrhundert Gärtner, die zehn Mitarbeiter seines Familienbetriebs bewirtschaften knapp zehn Hektar, davon 1,6 Hektar im geschützten Anbau – also unter Glas oder Folie. "Wir haben Buntsellerie, Karotten, Pastinake, Chili, Rote Beete, Aubergine, Fenchel und vieles mehr – und aktuell 24 Sorten Tomaten, alle selbst gezogen und veredelt", so Hornig. Veredeln – wie das geht, zeigte er im Gewächshaus: Eine Tomatensorte dient als Unterlage, dazu wird eine "edlere" Sorte ausgesät. Sobald beide eine gewisse Höhe haben, werden sie beschnitten, mit Klammern verbunden – und wachsen zusammen. Der Clou dieser Methode: So kann Hornig eine Sorte mit widerstandsfähigem Wurzelwerk verbinden mit einer wohlschmeckenden, ertragreichen Sorte.
Wie vielfältig die Lebensproduktion nicht nur in Heidelberg, sondern in der ganzen Region ist, zeigte sich bei der letzten Station: Denn an der Beerenhütte des Obst- und Gemüseanbaus Weigold präsentierten gleich mehrere Landwirte, Winzer und Gärtner, die sich unter der Marke "Genial regional" zusammengeschlossen haben, ihre Produkte. So erzählten Ellen Müller und Rainer Stadler vom "Quittenprojekt Bergstraße" begeistert über diese heute fast vergessene Frucht, von der es einst 200 Sorten gab. "Seit 80 Jahren gibt es sie kaum noch", sagte Stadler, "und dem wirken wir entgegen." In privater Initiative haben sie bisher 650 Quittenbäume in rund 70 Sorten gepflanzt – und stellen aus dem Ertrag über 40 Produkte her, etwa Schorlen, Aufstriche, Essigbalsame oder Senf.
Etwas ganz Besonderes hatten auch die Weigolds zu bieten: Kiwibeeren. Die sind etwas kleiner, haben keine Haare, müssen nicht geschält werden und sind so mit einem Happs vertilgt – der perfekte gesunde Snack. "Wir bauen die seit fünf Jahren an und konnten jetzt zum ersten Mal ernten", erzählte Claudia Weigold.
Und so standen die Sommertouristen noch länger naschend und bei einem guten Glas Wein der Winzer Jörg Clauer (Rohrbach) und Matthias Spies (Wiesloch) zusammen und plauderten über Landwirtschaft und Lebensmittel. Selbst eine Handschuhsheimerin wie RNZ-Leserin Ute Apfel (63) hatte bei der Tour noch etwas gelernt: "Ich habe noch nie so hinter die Kulissen des Anbaus sehen können, das war sehr aufschlussreich. Was für eine spannende – und leckere – Sommertour!"