Meine Meinung: Unschuldslamm Bale verdreht die Wahrheit
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Das Bale-Kapitel hätte vor einem Jahr schon zu Ende gehen sollen – Foto: imago images / ZUMA Wire
Ich kann es alles nicht mehr hören. Dieses Hin und Her. Dieses „Er ist glücklich“ und dieses „Die sind schuld“. Schon vor einem Jahr hatte ich einen Abschiedskommentar Richtung Gareth Bale veröffentlicht, damals noch mit dankbaren und bestimmten Worten, der jetzige Text wird durch vieles Kopfschütteln vermutlich sehr bitter schmecken.
Vorab: Viel ist passiert. Fehler auf beiden Seiten. Vielleicht hätte Zinédine Zidane im Sommer 2019 nicht so bestimmt Bales Abschied anteasern sollen („Wenn er morgen geht, wäre es umso besser.“), bestimmt hätte Real Madrid seine Ablöseforderungen etwas runter schrauben sollen, dann wäre der China-Deal womöglich nicht geplatzt. Aber womöglich könnte auch Reals Top-Verdiener finanziell etwas umdenken, vielleicht hätte auch Berater Jonathan Barnett nicht in jedes Mikro schreien sollen, welch „eine Schande“ Zidane sei und dass sich die Real-Fans „schämen sollten“.
Wie gesagt, beide Seiten haben sich nicht immer mit Ruhm bekleckert. Bis vor einem Jahr. Danach hat Zidane es immer wieder mal mit dem walisischen Sorgenkind versucht. Doch in seinen 20 Einsätzen 2019/20 (drei Tore, zwei Vorlagen) fehlte Bale nicht nur seine berühmte Spritzigkeit und Explosivität, sondern auch Motivation und Lust. Vom „Big Game Player“ nichts mehr zu sehen, weder gegen Paris (2:2) noch im City-Hinspiel (1:2), geschweige denn im ersten Derby (0:0) oder im ersten Clásico (0:0). Nur noch Dienst nach Vorschrift reicht bei Real nicht, reicht unter Zidane nicht – fragt mal James Rodríguez oder Lucas Vázquez, das andere Negativ- und das Paradebeispiel. Bales letzte Tore in LaLiga sind mittlerweile über ein Jahr her. An den Doppelpack gegen Villarreal vom 1. September 2019 wird sich kaum noch jemand erinnern, wohl aber an seine Schlagzeilen außerhalb des weißen Trikots – ob auf der Tribüne oder bei Jubelbildern mit Wales oder bei seinem viel genannten Hobby.
Zidane hat es immer wieder mit ihm versucht, ist jedes Wochenende jeder noch so aggressiven Frage ausgewichen wie Trump seinen Kritikern („Was für eine Frage! Du fragst jedes Mal das gleiche, was du auch tun kannst, aber du wirst es nicht schaffen!“), um ja nicht noch mehr Benzin ins Feuer zu gießen.
Da hätte sich Berater Barnett mal eine Scheibe von abschneiden können.
Eigentlich kann ich Bale gar nicht so viel vorwerfen, mir erscheint immer mehr, dass der 31-Jährige einfach furchtbar beraten und vertreten ist.
Wie sonst kann man sich solche Ergüsse wie am Mittwoch erklären? „Ich will Fußball spielen“, sagt er auf einmal wieder. Einer, der seine schwache Form viel zu oft rechtfertigte und entschuldigte mit pfeifenden Fans – aber nach der Corona-Pause ohne Fans im Stadion gegen Eibar (3:1) und Mallorca (2:0) nur ein Schatten seiner selbst war. „Es liegt in den Händen des Klubs, der es einem aber schwer macht“, so Bale. Real macht es ihm schwer? Wobei genau, weil Zidane auf seine Bitte einging, ihn nicht für das City-Rückspiel (1:2) zu berufen? Oder jegliche Fragen rund um diese heikle Personalie abblockte, und Fans dadurch sogar gegen Zidane aufbrachte?
„Sie blockten in letzter Sekunde alles ab.“ Mag sein, weil Real den einstigen 101-Millionen-Mann weder verschenken noch aufgeben wollte – er es hätte speziell nach Asensios Verletzung noch allen beweisen können. Sich, seinem Trainer, allen pfeifenden Fans. Hat er aber nicht.
„Ich habe einen Vertrag und alles, was ich machen kann, ist, weiterhin zu tun, was ich tue.“ Also: nichts. Anwesend sein im Training und um Fans aufregende Fettnäpchen schiffen wie die Titanic um den Eisberg – ob lustige Fotos von der Tribüne oder Grinse-Fotos aus der schönen, heilen Welt in Wales.
Wem machst du hier etwas vor, Gareth? Wie gesagt: Auf beiden Seiten sind Fehler passiert, auch Pfiffe sind eigentlich nicht tolerierbar, doch wer sich die Wahrheit so zurecht dreht, braucht sich eigentlich nicht wundern. Schon nach dem CL-Finale 2018 dachte Bale über einen Abschied nach, spielt seitdem ein Schmierentheater.
Etwas mehr Demut, Gareth. Wenn du wirklich noch spielen willst, dann zeige das nicht nur in der Nationalmannschaft. Beweise es allen, lehne dich nicht nur zurück auf deinem verdienten (!) Vertrag. Und dann setze dich bei deiner Rückkehr nach Madrid mit denen zusammen, die seit über einem Jahr kein schlechtes Wort mehr über dich verloren haben, obwohl auch du dir Kritik gefallen lassen musst. Aber bitte erspare uns derartige Unschuldslamm-Formulierungen von dir oder deinem Berater. So wird deine Situation nicht besser, sondern noch schlechter. Ja, das geht.