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Январь
2020

Gastarbeiter | Der Fremde

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Zu Aras Örens 80. Geburtstag erscheint seine „Berliner Trilogie“ erstmals in einem Band. Gern folgt man ihm durch Kreuzberg
Der Fremde

Was ließe sich zur Berliner Trilogie nicht alles sagen? Man könnte sie als Nachkriegsliteratur oder frühe Gastarbeiterliteratur bezeichnen. Als Großstadtliteratur oder proletarische Klassenkampfliteratur. Aras Ören – 1939 in Istanbul geboren, ab 1969 Wahlberliner, selbst kein Gastarbeiter, bald Teil der linken Künstlergruppe „Rote Nelke“, später Redakteur des SFB und Leiter der türkischen Redaktion von Radio Multikulti beim RBB – schrieb sie im Laufe der 70er Jahre auf Türkisch. Seit dem 80. Geburtstag des Autors 2019 liegen Was will Niyazi in der Naunynstraße? (1973), Der kurze Traum aus Kagithane (1974) und Die Fremde ist auch ein Haus (1980) in einem Band vor.

Mancher könnte in der Trilogie auch ein Urbild der „Autosoziobiografie“ erkennen. Der Literaturtheoretiker Carlos Spoerhase hat den Begriff für Didier Eribons Rückkehr nach Reims verwendet und meint damit ein autobiografisches Erzählen, das mit einer soziologischen oder soziopolitischen Perspektive verknüpft wird. Denn Örens kommunistischer Arbeiter Niyazi, die Hauptfigur der Trilogie, ist wie Eribon in seinem Erfolgsbuch ein „intellektueller Übersetzer“, der uns „den uns fremden Teil der Gesellschaft verständlich“ macht.

Niyazi ist aber auch Bezugspunkt und Ansprechpartner für viele seiner als Gastarbeiter malochenden Landsleute, denen er den Kapitalismus im Ankunftsland verständlich macht. Etwa für den Transportarbeiter Sabri San, den er davon überzeugt, dass das Sparen für ein besseres Leben in der Heimat zu nichts führe und es besser sei, hier und jetzt für die Rechte der Arbeiter zu kämpfen. Er verdeutlicht diese Einsicht mit einer Variation des Höhlengleichnisses, am Bild von Käfigmäusen im Laufrad: „Niyazi öffnete mir die Augen, / sie wären besser blind geblieben. / Geschlossene Augen waren viel besser, / solange man nicht wußte, daß sie geschlossen sind.“ Niyazis intellektuelle Übersetzerarbeit bleibt aber auf den absoluten Nahbereich beschränkt. Als er im „Sozialisten-Verband der Naunynstraße“ einen lange vorbereiteten Vortrag darüber halten soll, „wie einerseits der [türkische] Kapitalismus / durch Einfluß von außen sich entwickelt, / während andererseits eine feudale Ordnung / fortbesteht“, „unterliegt“ er „sich selbst“: Er hat Angst vor Unverständnis, malt sich Einwände aus, kneift letztlich: „Mit schnellen Schritten / bog er um die Ecke / bog in die Oranienstraße ein.“

Nach dem Märchen

Auch Kázim kann im Sozialisten-Verband, wo man zur Selbstorganisation übergegangen ist (Steueranträge ausfüllen, „Illegalen“ Tipps geben), nicht den Mut aufbringen, nach Rat zu fragen. Er muss seinen verstorbenen Schwager, der auf seine Anregung hin nach Deutschland kam und hier, ohne Arbeit und allein, dem Schnaps verfiel, in die Türkei überführen: „Denn, nicht wahr, wie könnte man / von Toten reden / angesichts der Sorgen der Lebenden?“

Der Realist Ören schlägt oft den gleichen pessimistischen Bogen. Er ruft Erinnerungen an das prekäre, aber märchenhafte Leben in der Türkei wach, kontrastiert sie mit den Verhältnissen „in der Fremde“. Er schildert die Aufbruchstimmung der ersten Wochen in Deutschland, die in völliger Desillusionierung der Gastarbeiter münden. Deren Lebensläufe werden knapp und doch plastisch beschrieben. Kázim, von Beruf Zimmermann, ist anfangs noch stolz, der „Liebling des Meisters“ zu sein, begründet dies mit seinem Fleiß und der Bereitschaft, Überstunden zu machen. Am Ende ist er einer von vielen, die der Betrieb nicht mehr braucht und die trotz guter Leistung ihre Papiere ausgehändigt bekommen. Ören porträtiert auch alteingesessene Bewohner Kreuzbergs, von denen viele den Gastarbeitern so unähnlich nicht sind. Tür an Tür lebt man in den Arbeiterquartieren „der Jahrhundertwende, / als Schlesier und Ostpreußen in Scharen / die heimatliche Scholle verließen und sich / in der Industriemetropole ansiedelten“. Am Arbeiter Klaus etwa, der sich Rate um Rate das kleine konsumistische Glück von Fernseher, Schrankwand und Auto vom Mund abgespart hat, zeigt sich aber auch, wie sich Ressentiments Bahn brechen: „‚Was stehste hier so dämlich rum? / Kannst ja noch nicht mal richtig quatschen, / dreckiger Ausländer, was willst’n hier überhaupt?‘ / [...] / Auf ihren Köpfen keine Stahlhelme, / an den Füßen keine Stiefel, / sie trugen keine braunen Uniformen / und keine Hakenkreuze. / Sieben oder acht Mann waren sie, / die anderen in der Kneipe. / [...] / Und sie alle haben / Klaus recht gegeben, / sie teilten sich eine gemeinsame Freude. / Leicht gingen sie am Montag zur Arbeit.“

Niyazi, dessen Wirkungskreis die legendäre, „914 Schritte lange / und 23 Schritte breite“ „Klein-Istanbuler“ Naunynstraße ist, hält die drei Poeme gewissermaßen zusammen. Seine Funktion ist, die Landsleute auf dramatische Ereignisse und Diskriminierungserfahrungen vorzubereiten und diese zu artikulieren. Denn hier „sind die Sachen, und damit ihre / Beziehungen untereinander, mehr geworden, / aber der Wortschatz ist derselbe geblieben. / Wörter, die einer benutzt, aber nicht versteht, / oder weder benutzt noch versteht, / verstoßen ihn aus der Gesellschaft.“

Niyazi’nin Naunyn Sokağında İşi Ne? erschien zuerst auf Deutsch. Ören wirkte bei der Übertragung mit. Dennoch liest sich die ganze Trilogie so, als sei sie mehr für die Gastarbeiter selbst bestimmt gewesen als für ein deutschsprachiges Publikum. Denn Örens Poeme erinnern an die Flugblätter, die in der Trilogie eine große Rolle spielen: „und plötzlich / drückte der Freund dem Niyazi / eins seiner neuen Gedichte / in die Hand. / Beim Lesen / dieses ‚Gedichts von Ali Yekta aus Beşiktaş‘ / mag sie begonnen haben, / wie Niyazi heute denkt, die Abrechnung / mit seiner Vergangenheit.“ Heute spricht die Berliner Trilogie nicht nur zu einer Diaspora, sondern zu einer Welt, die durch die Ankunft der Niyazis, Emines, Kázims und Halimes aus Örens Texten zu einer anderen, reicheren geworden ist.

Info

Berliner Trilogie. Drei Poeme Aras Ören H. Achmed Schmiede, Johannes Schenk, Jürgen Theobaldy, Gisela Kraft (Übers.), Verbrecher Verlag 2019, 232 S., 22 €

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