1899 Hoffenheim: Die Nagelsmänner sind auf Europakurs
Von Achim Wittich
Sinsheim. Im Frühjahr 2019 fühlen sich die Anhänger der TSG Hoffenheim um ein Jahr zurückversetzt. Denn genau wie in der Endphase der vergangenen Saison sind die Kraichgauer drauf und dran, mit einem fulminanten Schlussakkord doch noch die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb zu sichern. Am Sonntagnachmittag ließ die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann einer allerdings schwachen Berliner Hertha beim 2:0 (1:0)-Sieg nicht den Hauch einer Chance und schob sich damit auf den sechsten Tabellenplatz. Der berechtigt schon einmal zur Teilnahme an der Europa League.
"Mit den ersten 25 Minuten war ich sehr zufrieden", sagte Nagelsmann und das durfte der Gast beim 3. RNZ-Sportforum am morgigen Dienstag in der Halle 02 (Beginn: 19.30 Uhr) auch sein. Chance um Chance reihte seine Mannschaft aneinander und hätte dem Gast aus der Bundeshauptstadt Tor um Tor einschenken können. Wenn es etwas zu bemängeln gab, dann allein die Tatsache, dass lediglich Nadiem Amiri nach einer halben Stunde zum 1:0 traf. Berlins Torwart Rune Jarstein machte bei seinem Distanzschuss allerdings nicht die allerbeste Figur.
Nagelsmann in seiner Analyse weiter: "Wenn du so dominierend bist und kein weiteres Tor machst, dann kommen ein bisschen Zweifel auf." Das zeigte sich auf dem Spielfeld, denn bis zur Pause und auch in den zweiten 45 Minuten war "Hoffe" zwar nie gefährdet, lieferte aber "nicht unbedingt ein großes Feuerwerk" ab, wie Nagelsmann nüchtern bilanzierte. Der eingewechselte Reiss Nelson köpfte noch das Runde eine Viertelstunde vor dem Abpfiff ins Eckige (76. Minute) und musste anschließend wieder einmal mit seinen Kollegen und den Fans in der Sinsheimer Arena eine gefühlte Ewigkeit darauf warten, bis per Videobeweis klar war, dass keine Abseitsstellung vorgelegen hatte.
Für Kerem Demirbay einfach nur noch unerträglich: "Ich finde, das dauert alles viel zu lange und macht viel kaputt. Wenn ich zu entscheiden hätte, ich würde das wieder abschaffen", bezog der Nationalstürmer Stellung und begründete es so: "Der Fußball lebt von den Schiedsrichterentscheidungen - und eben auch von den falschen."
Diesmal spielten die "Kellermänner" aus Köln zum Glück keine entscheidende Rolle, denn Demirbay traf den Nagel auf den Kopf: "Ich hatte keine Bedenken, dass wir nicht gewinnen. Der Gegner war meiner Meinung nach dafür viel zu schwach" - eine schallende Ohrfeige für die Profis von Hertha-Coach Pal Dardei, die zum fünften Mal in Folge als Verlierer vom Platz stiefelten. Kein Wunder, dass Dardei auf der Pressekonferenz knapp angebunden war. "Man hat ansatzweise gesehen, dass wir einen Tick ängstlich gespielt haben und keine richtigen Torchancen hatten." Viel mehr hatte der Ungar nicht zu sagen, was durchaus verständlich war.
Auch sein Kollege Nagelsmann hält den Ball trotz der jüngsten Erfolgsserie wohlweislich flach, schließlich warten in den fünf Endspielen bis zum Abpfiff der Runde noch einige direkte Duelle gegen die unmittelbare Konkurrenz um einen Europaplatz.
Am Karsamstag (20.30 Uhr) allerdings steht nun zunächst einmal die Aufgabe bei den noch schlimmer als die "Alte Dame" aus Berlin schwächelnden Schalkern auf dem Programm, die auch unter Interimscoach Huub Stevens - aus seiner kurzen Zeit in Hoffenheim noch bestens in Erinnerung - am Krückstock gehen. Nico Schulz jedenfalls sieht dem Gastspiel bei den Königsblauen optimistisch entgegen: "Unser Auftreten in den vergangenen drei Spielen macht viel Mut, dass wir auch auf Schalke gewinnen", geht der Dampfmacher auf dem linken Flügel fest davon aus, dass das Osterfest für "Hoffe" ein sportlich erfolgreiches sein wird.
Ganz weit aus dem Fenster lehnen wollte sich Schulz ebenfalls nicht: "Jetzt schon von Platz vier zu reden - das ist noch ein Stück zu weit weg. Doch wer gestern ganz genau in die entschlossenen Gesichter von Demirbay, Schulz und Co. sah, dem war klar: Die Champions-League-Qualifikation haben Nagelsmanns Schützlinge längst nicht abgeschrieben.