Billiglöhner im Arztkittel?: SPD und FDP sorgen sich um Medizinstudenten
Von Sören S. Sgries
Heidelberg/Stuttgart. Müssen Medizinstudenten besser bezahlt werden? Diese Frage stellen die gesundheitspolitischen Sprecher von SPD- und FDP-Fraktion im Landtag, Rainer Hinderer und Jochen Haußmann. Für das "Praktische Jahr" (PJ), in dem Studierende an Kliniken oder in Arztpraxen Einblicke in den ärztlichen Alltag bekommen, sollte "ernsthaft in Erwägung gezogen werden, ob es nicht generell eine Regelung zumindest für eine Untergrenze der Aufwandsentschädigung geben könne", so die Forderung der beiden Gesundheitspolitiker.
Hintergrund dieses Vorstoßes ist eine aktuelle Anfrage von SPD und FDP im Wissenschaftsministerium zur Aufwandsentschädigung im Praktischen Jahr, die der RNZ vorliegt. Das Ergebnis: Diese schwankt deutlich, zwischen 200 und 649 Euro pro Monat. Der gesetzlich vorgegebene Spielraum wird damit voll ausgeschöpft.
Eine klare Linie, wer am besten, wer am schlechtesten zahlt, lässt sich bei den 86 Einrichtungen, die das Ministerium auflistet, nicht ausmachen. Selbst die Unikliniken unterscheiden sich deutlich. So gibt es für Studierende in Freiburg lediglich 300 Euro pro Monat, in Heidelberg 400 Euro und in Ulm 649 Euro.
"Als oberste Dienstvorgesetzte könnte Ministerin Bauer direkt bei den ihr unterstellten Universitätskliniken mit einer einheitlichen Aufwandsentschädigung beginnen", fordern Hinderer und Haußmann gegenüber der RNZ. Davon würden rund 30 Prozent der Studierenden profitieren. Fast die Hälfte ist an akademischen Lehrkrankenhäusern eingesetzt, der Rest in Lehrpraxen. Die Wissenschaftsministerin müsse sich "insbesondere in Zeiten des Ärztemangels ... deutlich engagierter um gute Rahmenbedingungen in der ärztlichen Ausbildung kümmern".
Das Ministerium weist hingegen darauf hin, dass die genannten Zahlen nicht eindeutig zu interpretieren seien. So seien in den angegebenen Aufwandsentschädigungen teilweise Sach- und Zusatzleistungen wie Verpflegung, Dienstkleidung oder Unterkunft enthalten. Teilweise gebe es diese zusätzlich. Auch das Uniklinikum Heidelberg erklärte gegenüber der RNZ, dass es für alle "PJler" kostenlose Verpflegung gebe. Eine Notwendigkeit, eine Geldleistung vorzugeben, sieht man im Ministerium nicht. "Lösungsbedürftige Problemkonstellationen sind nicht erkennbar."
Im Bereich der Medizinischen Fakultät Heidelberg zahlen beispielsweise die GRN-Klinik in Weinheim und das Heilbronner SLK-Klinikum am Gesundbrunnen den "Höchstsatz" von 649 Euro. Die Mehrheit der Einrichtungen bewegen sich allerdings zwischen 600 und den 400 Euro pro Monat, die auch am Uniklinikum gezahlt werden. Auch das Heidelberger Krankenhaus Salem, das in der Ministeriumsliste noch mit 200 Euro pro Monat geführt wird, hat seit Sommer 2018 die Anerkennungspauschale verdoppelt. Zusätzlich gibt es kostenloses Mittagessen - und Personalchef Christian Wetzel lobt zudem die "familiäre und christliche Atmosphäre unseres Hauses", die einer guten Ausbildung besonders zuträglich sei.
Reicht das aus? An den Zentren für Psychiatrie gilt inzwischen ein einheitlicher Satz von 649 Euro. "Das muss doch auch sonst möglich sein", sagen Hinderer und Haußmann.