Buchen: Ließ Oberarzt 60-jährigen Patienten tatenlos in Klinik ersticken?
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Von Fritz Weidenfeld
Buchen. Unter schwerem Verdacht steht ein später fristlos gekündigter Oberarzt der Neckar-Odenwald-Kliniken in Buchen. Dr. K. soll in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag, 4./5. Januar 2018, den Tod eines 60-jährigen Mannes verschuldet haben. Erst ein Arbeitsgerichtsprozess vor dem Mosbacher Gericht brachte den ungeheuerlichen Vorfall zutage: Der unheilbar an Krebs und einer schweren Leberzirrhose erkrankte Mann war am 29. Dezember 2017 in der Buchener Klinik operiert worden und schien sich davon zu erholen.
Am Mittwoch, 3. Januar, sei sein Zustand dann schlechter geworden. Eine Rückverlegung auf die Intensivstation soll der Oberarzt mit der Begründung abgelehnt haben, der Patient habe ihm persönlich gegenüber geäußert, im Ernstfall keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wollen. Dies habe er auch in der Patientenakte so vermerkt. Im Arbeitsgerichtsprozess wollte aber die Personalchefin der Neckar-Odenwald-Kliniken davon nichts wissen. Es gebe keinerlei Dokumentation von diesem Patientenwunsch. Ferner soll der Arzt auch nicht den erforderlichen Ethikbogen ausgefüllt haben.
In der Nacht zum 5. Januar soll der Patient sich erbrochen und das Erbrochene eingeatmet haben. Ein Reanimationsteam habe den Patienten absaugen und beatmen wollen, aber Dr. K. habe das mit Hinweis auf die angebliche Willensäußerung des Patienten abgelehnt. Der Patient sei dann bei vollem Bewusstsein an seinem Erbrochenen erstickt. Im ausgestellten Totenschein wurde vom Oberarzt "Lungenembolie" als Todesursache angegeben.
Wie in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht eingeräumt wurde, vorausgegangen war eine Kündigungsschutzklage des Oberarztes, sei die Kripo von dem Vorfall "informiert worden und vor Ort" gewesen.
Die Staatsanwaltschaft Mosbach allerdings wurde erst am gestrigen Dienstagmorgen und damit fast vier Monate später über den Vorfall erstmals informiert: Nicht von der Kripo, sondern vom Arbeitsgericht. Wie Oberstaatsanwalt Peter Lintz gegenüber unserer Zeitung auf Anfrage bestätigte, hatte man zuvor "keinerlei Kenntnis" gehabt. Unverzüglich sei ein Todesermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft eingeleitet worden, um zu klären, ob es für den Tod des Patienten Verantwortlichkeiten gebe. Ob eine Obduktion erfolgen werde oder das Gericht ein eigenes Gutachten einhole, sei noch offen.
Der Patient hatte anscheinend keine Angehörigen, soll Alkoholiker gewesen sein und habe unter gesetzlicher Betreuung gestanden, wurde bei der Verhandlung bekannt gegeben. Sein Betreuer soll allerdings nicht für medizinische, sondern lediglich für finanzielle Angelegenheiten zuständig gewesen sein.
Oberarzt K. soll seit Donnerstag, 11. Januar, freigestellt worden sein. Vorm Arbeitsgericht wurde am Montag ein Vergleich geschlossen: Die fristlose Kündigung wurde in eine ordentliche Kündigung umgewandelt und das Arbeitsverhältnis zum 30. April beendet. Der Arzt bleibt bis dahin bei vollen Bezügen freigestellt. In seinem Zeugnis soll, dies ein weiterer Bestandteil des Vergleichs, besagter Vorfall unerwähnt bleiben.
Der Geschäftsführer der Neckar-Odenwald-Kliniken, Norbert Ahrens, erklärte auf Nachfrage, man werde sich zum derzeit laufenden Verfahren nicht öffentlich äußern, werde aber mit den ermittelnden Behörden vollumfänglich zusammenarbeiten,
Schon im Juli 2015 war ein Chefarzt der Klinik zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis wegen Körperverletzung mit Todesfolge vom Schwurgericht Mosbach verurteilt worden. Dieser hatte im Juli 2012 eine 30-jährige Frau operiert und ihr ohne Einwilligung die Hälfte der Leber entfernt. Der Frau sollten ein Tumor am Dickdarm und Gewebeproben von Tochtergeschwülsten in der Leber entnommen werden.
Die Operation verlief so dramatisch, dass die Frau ins Universitätsklinikum Mannheim verlegt werden musste, wo man sie allerdings nicht mehr retten konnte.