Änderung des Grungesetzes: Ampel und Union verhandeln über Stärkung des Verfassungsgerichts – aber einigen sich noch nicht
Um das höchste deutsche Gericht zu schützen, will die Ampel das Grundgesetz ändern. Dafür braucht sie aber auch die Stimmen der CDU/CSU im Bundestag. Jetzt bewegen sich die Parteien aufeinander zu.
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP kommt bei ihren Verhandlungen mit der Union zur Abschirmung des Bundesverfassungsgerichts vor extremen Kräften voran. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland laut Vorabbericht vom Donnerstag, es liege mittlerweile ein "Gesetzentwurf als Arbeitsdokument" vor. Über diesen werde nun beraten. Ziel sei eine Verständigung auf eine Grundgesetzänderung noch in der bis Herbst 2025 laufenden Amtszeit der Ampel-Regierung.
Deutschlands höchstes Gericht soll für potenzielle Gefahren gerüstet sein. "Die traurige Erfahrung in Polen, in Ungarn und teilweise auch in Israel ist, dass Verfassungsgerichte schnell politische Angriffsziele sein können", so Buschmann. Es müsse gelingen, "die notwendigen Mehrheiten zu organisieren, um die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz stärker zu verankern".STERN PAID 06_24 IV Ian Kershaw
Gesetz soll Unabhängigkeit des Gerichts stärken
Im Umfeld der größten Oppositionspartei hieß es, die Gespräche liefen und seien auf einem guten Weg. "Es gibt keine Einigung", sagte eine Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion jedoch. Zum Zeitplan wollte sie keine näheren Angaben machen. "Weitere Gespräche sind nach Ostern geplant", hieß es.
Laut "Rheinischer Post" ist vorgesehen, dass im Grundgesetz die Unabhängigkeit des Gerichts, die Zahl von zwei Senaten, die Wahl von jeweils acht Richtern durch Bundestag und Bundesrat sowie deren Amtszeit von zwölf Jahren und die Altersgrenze von 68 Jahren festgeschrieben wird.
In einem der Zeitung vorliegenden Entwurf des Bundesjustizministeriums heißt es, die Neuregelung solle "dazu beitragen, Bestrebungen vorzubeugen, welche die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit in Frage stellen wollen".FS Demonstrationen gegen rechts16.44
Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor extremen Parteien
"Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden", solle zudem als Passus aufgenommen werden. In dem zwölfseitigen Entwurf des Justizministeriums heiße es weiter: "All diese Regelungen sind damit künftig einer Änderung mit einfacher Mehrheit entzogen." Hintergrund der Pläne ist das Erstarken extremer Parteien in Deutschland, insbesondere der AfD.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hatte Justizminister Marco Buschmann (FDP) am vergangenen Wochenende aufgefordert, einen Vorschlag zum Schutz des Karlsruher Gerichts zu machen. "Wir sind offen, darüber zu sprechen, einen Kern bewährter Strukturen des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz zu verankern", sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Union nehme die Bedenken und Diskussionen der vergangenen Wochen ernst. Für Änderungen des Grundgesetzes ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat und im Bundestag nötig – die Union müsste also mitmachen.
Die Union hatte im Februar erste Gespräche mit der Erklärung beendet, sie sehe keinen zwingenden Bedarf für die von der Ampel-Koalition angestrebte Verfassungsänderung. Später zeigte sich Merz offen für weitere Diskussionen.