F. Behrendt: Der Guru der Gelassenheit: Der Lieblingsbruder meiner Generation wäre jetzt 100 Jahre alt
Gerade ist der Mann, der die legendären Melodien der Winnetou-Filme komponierte, verstorben. Der Schauspieler, der zu dieser Musik immer in den Sonnenuntergang ritt, wäre in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden. Frank Behrendt erinnert sich gerne an Lex Barker.
Der geistige Vater der Blutsbrüder Winnetou und Old Shatterhand, Karl May, war ein begnadeter Geschichtenerzähler. Er nutzte bei einem seiner populärsten Helden den Autoren-Kunstgriff des Ich-Erzählers. So wurde der biedere Karl aus Radebeul bei Dresden zum heldenhaften Westmann Old Shatterhand.
Der Storyteller aus Sachsen gefiel sich in der Rolle so gut, dass er sie regelrecht verinnerlichte. 1896 ließ er sich stolz im aufwendigen Wild-West-Outfit ablichten, selbstverständlich mit Winnetous Silberbüchse. Wenn man das Bild heute betrachtet, sieht der Mayster darauf alles andere als glaubwürdig aus. Er erinnert eher an einen Karnevalisten im zu groß geratenen Kostüm.
kurzbio BehrendtGanz anders der US-Schauspieler Alexander Crichlow Barker, der sich später lieber Lex nannte. Zunächst zeigte er als Tarzan seinen perfekten Body, später machte er in Italien Film-Karriere. Dann kam der deutsche Produzent Horst Wendlandt, für ihn war der blonde Hüne die Idealbesetzung des Old Shatterhand. 1962 ritt der Amerikaner Lex Barker erstmals an der Seite des Franzosen Pierre Brice über die deutschen Kinoleinwände. "Der Schatz im Silbersee" wurde ein gigantischer Erfolg und zog viele weitere Karl-May-Filme nach sich.
Barker und Brice wurden die Helden einer ganzen Generation. Jede Menge Jungs wollten so sein wie die beiden Blutsbrüder und viele Mädchen schwärmten für das smarte Duo. Die Zeitschrift Bravo verewigte die Teenie-Idole auf unzähligen Postern, auch in meinem Zimmer hing der Lex-Barker-Starschnitt. Unsere Mutter nähte meinen Geschwistern und mir die passenden Kostüme und wir spielten die besten Filmszenen begeistert im Garten nach.
Die Texte kannten wir allesamt auswendig, denn den Ton hatten wir auf unserem Kassettenrecorder vom Fernsehapparat mitgeschnitten. Besonders liebten wir die Verbrüderungs-Szene mit dem legendären "Mein Bruder, mein Bruder". Wenn Barker und Brice bei Filmpremieren persönlich auftauchten, brach eine Welle der Begeisterung über sie herein. Pierre Brice habe ich später bei den Karl-May-Festspielen am Bühnenrand in Elspe und Bad Segeberg selbst zugejubelt, als er live in seine Paraderolle schlüpfte.
Lex Barker habe ich leider persönlich nie getroffen. Der strahlende Held unserer Kindheit, den wir für unbesiegbar gehalten hatten, starb bereits 1973 an einem Herzanfall. Mitten in New York, mit gerade einmal 54 Jahren. Ich war damals so jung wie mein Sohn heute, 11 Jahre, und fassungslos.
Kommende Woche, am 8. Mai dieses Jahres, wäre Lex Barker 100 Jahre alt geworden. Ich werde mir an dem Tag gemeinsam mit meinem Junior Winnetou I ansehen und einem wunderbaren Idol meiner Kindheit huldigen. Wenn am Ende die beiden ewigen Helden gemeinsam zur epischen Musik von Martin Böttcher auf ihren schwarzen Rappen Hatatitla und Iltschi in den malerischen Sonnenuntergang reiten, werde ich wieder ein Junge sein und daran zurückdenken, wie ich den Film zum ersten Mal mit meinem Vater gesehen habe. Er nahm mich damals in den Arm und sagte: "Du brauchst im Leben nicht viele Freunde. Einer wie Old Shatterhand, der immer an deiner Seite ist, sollte aber dabei sein." Howgh.