Schwetzingen: "Schwetzinger Herbst" sorgt für Besucherandrang (plus Fotogalerie)
Von Sebastian Blum
Schwetzingen. Vom pfälzischen Großkarlbach komme sie angereist, erzählt eine Frau Mitte 30, als sie am Schwetzinger Bahnhof aus dem Zug steigt. "Ich gehe aufs Fest - das Essen soll ja gut sein", sagt sie. Mit ihr verlassen Familien, Rentner, Studenten und Pärchen den Bahnhof. Sie machen sich auf zu den Kleinen Planken, wo der "Schwetzinger Herbst" eingeläutet wird - bei sommerlichen Temperaturen, von Oberbürgermeister René Pöltl mit Sonnenbrille auf der Nase.
"Die Schwetzinger Sonne lacht, und die kulinarische Welt ist bei uns zu Gast", sagt Pöltl. Beides stimmt. Viele Besucher haben komplett auf die Jacke verzichtet, und über 20 Küchen auf Rädern reihen sich zwischen der Außenbestuhlung von Restaurants ein; eng an eng stehen die Food Trucks neben Kleiderstangen von Modeläden. Es riecht nach herzhaftem Flammkuchen und Thai-Gerichten, Spareribs und Pulled Pork. Street Food gibt es beim "Herbst" erst zum zweiten Mal, und es lockt die Massen. "Trends aufspüren" wolle man, sagt Anne-Marie Ludwig. Bis zu 15.000 Besucher erwartet die Geschäftsführerin des städtischen Marketing-Vereins über zwölf Stunden hinweg.
Schon am Mittag bilden sich Menschenschlangen in der Fußgängerzone vor den Ständen, wenig später ist die Mannheimer Straße dauerhafte Schritttempo-Zone. Ein Familienvater mit einem Weinglas in der Hand manövriert seinen Kinderwagen gekonnt am Gedränge vorbei.
Mitten im Trubel, neben der Modenschau-Bühne, haben die Landfrauen ihren Stand aufgebaut. Sie sind schwer beschäftigt, es herrscht großer Andrang. Etwa 90 Kuchen haben ihre Mitglieder gebacken, "alles Handarbeit", sagt Annette Renkert, eine der Vorsitzenden, mit Stolz. Buttercreme mit Schokostückchen steht neben Schwarzwälder Kirschtorte. Es gibt Linzer Torte und eine Auswahl fruchtiger Kuchen. "Einen der letzten Vereinsstände" betreibe man auf dem "Herbst". Eine Note der Kritik am Veranstalter ist dabei unverkennbar. Die Vereine, so scheint es, werden von Gewerbetreibenden verdrängt. "Zu teuer" seien die Stände, sagt Stephan Englert von der Reservistenkameradschaft (RK) 28 Schwetzingen-Hockenheim, die dieses Jahr nicht auf dem "Herbst" vertreten ist. Eintopf hätten sie immer vorbereitet, "und es gibt Leute, die wollen den essen, und dann ist gut", sagt Englert. Kein Schnick-Schnack aus der mobilen Küche, keinen Langos-Burger für acht Euro.
Handgemacht sind aber auch die Spätzle von der "Bergziege". Der Food Truck ist bestückt mit Spätzleschaber und scharfen Messern. Eine voll ausgestattete Küche steht dort, sechs Euro kostet eine köstliche Portion. Daneben gibt es vorzügliche Weine aus Pfalz und Baden zu erschwinglichen Preisen, doch kaum Mineralwasser und Softdrinks, wie einige Besucher anmerken. "Das werden wir mit den Betreibern besprechen müssen", sagt Anne-Marie Ludwig mit Blick auf das kommende Jahr. Derweil werden die Schlangen vor den Ständen länger, die Bühne bietet Flamenco-Tanz, die Modenschau präsentiert eine Kollektion aus knalligen Farben, gemischt mit erdigem Grau. "Der neue Trend", merkt eine Besucherin am Stand der Landfrauen an, die gerade ein Stück Buttercreme-Torte kostet. Der Erlös des gesamten Kuchenverkaufs der Landfrauen geht an den Verein "Pro Down", der ein Wohnprojekt für Menschen mit Behinderungen in Schwetzingen plant, sagt Annette Renkert.
Der städtische Marketingverein hat es geschafft, den Gaumengenuss, der mit den vielen Speisen kommt, in ein bestehendes Fest-Konzept zu integrieren. Er generiert Besucherandrang, der weit über die Metropolregion hinausgeht. Internationalität steht Schwetzingen gut, wie ein britisches Pärchen zeigt, das sich am Weinstand pudelwohl fühlt und die Stadt für sich entdeckt. Doch dann ist auf dem "Schwetzinger Herbst" keine einzige der Schulen der Stadt mit einem Stand vertreten. Nach einem Rundgang sticht neben den Landfrauen nur die Schwetzinger Carneval-Gesellschaft (SCG) als Verein ins Auge. Schade eigentlich.