Brunnensaison in Sinsheim: Von Umwälzpumpen und Schaum-Vandalen
![Brunnensaison in Sinsheim: Von Umwälzpumpen und Schaum-Vandalen](http://www.rnz.de/cms_media/module_img/632/316222_1_gallerydetail_image_272e66013f1f8ce3.jpg)
Von Tim Kegel
Sinsheim. Gartentürlein aushängen und im Nachbarsgarten verstecken; Türklinken mit Senf bekleckern - das war gestern: Die Nacht zum 1. Mai ist ein besonderes Datum für die zahlreichen Brunnen im Stadtgebiet. Jene in der Innenstadt würden erst in Betrieb genommen, wenn sie die Tradition der Maischerze unbeschadet überstanden hätten. So schilderte es kürzlich Infrastrukturamtsleiter Bernd Kippenhan im Gemeinderat. Wie sich herausstellt, bekommen die Brunnen auf städtischen Flächen eine echte Sonderbehandlung.
"Vor dem 30. April läuft nichts", sagt Kippenhan, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. Im Nachgang der Maifeiern würden die städtischen Brunnen öfters "mit Zusätzen versehen". Dies könnten Glasscherben oder Schaumbad sein. Der ohnehin nicht geringe Aufwand der alljährlichen Inbetriebnahme könne verringert werden, wenn man erst mal die Maichaoten vorüberziehen lässt, erklärte Oberbürgermeister Jörg Albrecht. Ab 2. Mai geht dann Brunnen für Brunnen in Betrieb.
Aufwendig und teuer: Der Betrieb der rund 15 städtischen Brunnen - vier in der Innenstadt, der Rest in den Ortsteilen - ist aufwendig und teuer. Davon kann auch Baudezernent Tobias Schutz ein Lied singen. Die Inbetriebnahme eines einzigen Brunnens dauere "in der Regel einen ganzen Tag" und nehme zwei Bauhofmitarbeiter in Beschlag, weiß Schutz. Der Wartungsaufwand und das Ausfallrisiko der Umwälzpumpen sei hoch, es würden diverse Chemikalien zur dauerhaften Reinhaltung der Anlagentechnik und des Wassers benötigt. Eine genaue Kostenermittlung der Brunnen sei schwierig, komplex und betreffe verschiedene Töpfe. Im Stadthaushalt laufen Brunnen unter dem Punkt "Unterhaltung Außenanlagen", sagt Tobias Schutz.
Gibt es Brunnen-Beauftragte? "Wenn ja, dann viele", schmunzelt Schutz: Kurioserweise sei die Maler-Abteilung des Bauhofs für die Inbetriebnahme der Brunnen verantwortlich. Warum? Die Maler haben eine Gefahrstoffausbildung und können mit aggressiven Reinigungsmitteln, etwa Entkalkern und Algen-Hemmern, "am sichersten umgehen". Um die Pumpen kümmerten sich dann die städtischen Elektriker, um alle Wasserfragen das Wasserwerk der Stadtwerke.
Vandalismus an den Brunnen sei in der Summe zwar "kein Riesenproblem", sagt der Baudezernent, könne aber zu einem solchen werden, weshalb die Schonfrist bis zur Mainacht Sinn ergebe. Schutz verrät "keine unbekannten Tricks", wenn er von Farbtabletten oder Spülmittel spricht, die "in unregelmäßigen Abständen" in den Brunnen landeten. Die Wirkung sei in beiden Fällen "ziemlich fies": Umwälzpumpen trügen dazu bei, "dass es dann schäumt und schäumt." Farbe schade oft "dem eigentlichen Brunnen weniger als dem Steinsockel". Poröser Sandstein wie etwa beim "Wetzstoispucker" würde sich dann hartnäckig verfärben, müsste bei der Reinigung sandgestrahlt oder gar abgeschliffen werden. Dies betreffe sämtliche innerstädtischen Brunnen, vom ebenerdigen Burgplatz-Brunnen über das Brünnlein vor dem alten Rathaus bis hin zur Brunnenskulptur in der Bahnhofstraße. Besonders oft von Vandalen und Halbstarken heimgesucht wurde übrigens der inzwischen abgebaute Großbrunnen im Postgarten, wo heute die "alla Hopp"-Anlage steht. Dieser wurde früher regelmäßig "zur großen Schaumparty", weiß Schutz aus seiner Jugendzeit.
Die Brunnensaison ist in Sinsheim eher kurz: "Wir orientieren uns an der Frostperiode", sagt Tobias Schutz, "im Oktober ist meistens Schluss." Dies aus Gründen des Anlagenschutzes, aber auch der Unfallvorsorge: Schnell bilde sich aus Spritzwasser eine dünne, rutschige Eisschicht. Auch in besonders heißen Sommern wurde mancher Brunnen zur Wasserersparnis schon ausgeschaltet.
Eine Besonderheit gibt es am Burgplatz: Dort plätschert der Brunnen nach einer Vereinbarung mit den Markthändlern während des Wochenmarkts nicht. Der Ablauf des Markts werde dadurch geordneter, ruhiger und es gebe mehr Platz für Stände und Kunden.
Der frühere Stadthallen-Brunnen aus Aluminium - eigentlich eine Skulptur des Modernismus und wie Tobias Schutz sagt "ein fantastisches Kunstwerk" - sei derweil im Bauhof sicher eingelagert. Ob er wieder zum Brunnen wird und wo, ist offen. Definitiv sicher sei aber eine Wiederaufstellung, "möglicherweise als reine Skulptur" an einem noch nicht näher bestimmten Ort. Dass im Stadthallenumfeld nach dessen Umgestaltung ein Brunnen plätschern wird, stehe indessen fest, sagt Schutz. Der Projektbeschluss sehe "ein bodengleiches Wasserspiel" vor.