Flüchtlingsunterkunft Edingen-Neckarhausen: Besucher bemängelten mangelnde Barrierefreiheit
Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Wie die neue Flüchtlings- und Sozialunterkunft in der Mannheimer Straße 42-44 einmal heißen wird, ist noch offen. Die Verwaltung spreche jetzt ausschließlich von "Wohnanlage", sagte Bürgermeister Simon Michler in der Sitzung des Integrationsausschusses, die erstmals eigens im Gemeinschaftsraum der Anlage terminiert worden war. Der Begriff "Flüchtlings- und Sozialunterkunft" sei häufig negativ belastet.
Das Interesse am angebotenen Rundgang durch die Anlage war groß: Rund 200 Besucher spazierten durch das Quartier. Das noch nicht ganz fertige Außengelände wird künftig von der Gemeinde gepflegt. Ein Kritikpunkt war die mangelnde Barrierefreiheit zum Gemeinschaftshaus, das künftig zum offenen Zentrum nicht nur für die Bewohner werden soll. Die beiden Stufen werde man wohl mit einer Rampe überbrücken müssen, sagte Michler.
"Pro Kopf und Jahr erhalten wir 1125 Euro"
Errichtet wurde die Wohnanlage zur Unterbringung von geflüchteten Menschen, die zunächst in Deutschland bleiben dürfen. Kommunen sind zur Bereitstellung von Wohnraum gesetzlich verpflichtet. Derzeit leben rund 145 Menschen in gemeindeeigenen und privaten Wohnungen im Ort verteilt. Im laufenden Jahr 2018 werden der Gemeinde vom Rhein-Neckar-Kreis weitere rund 140 Menschen zugewiesen, wobei ein möglicher Familiennachzug hier noch nicht eingerechnet ist.
Der Gemeinderat hatte im Mai 2017 die Vergabe des Auftrags zur Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft an die Firma Variahome aus Wangen im Allgäu beschlossen. Für die mobilen Unterkünfte aus Holz, die eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren haben sollen, hat die Kommune ohne die Erschließungskosten bereits rund 3,2 Millionen Euro ausgegeben. Sie hofft weiterhin auf einen Zuschuss der Landesregierung. 19 Wohnungen, sieben davon Zwei-Zimmer-, zwölf Drei-Zimmer-Wohnungen mit jeweils zehn Quadratmeter Platz pro Person, wurden auf einem Areal von rund 4500 Quadratmetern inklusive Parkplätze und Wendehammer errichtet.
Im großen Gemeinschaftshaus sollen Veranstaltungen stattfinden: "In diesem Komplex hier gibt es 13 Räume, die als Bibliothek, Kinderkleiderkammer oder auch für Unterricht genutzt werden können", sagte Integrationsbeauftragte Sina Montassere.
Die Nutzung sei bedarfsabhängig. "Wir müssen das ausprobieren, für uns ist das auch das erste Mal", warb sie um Verständnis und Toleranz. Drei Flüchtlingsfamilien aus Edingen-Neckarhausen werde man bis Ende Mai einquartieren, da ihre Unterkünfte nicht adäquat seien. Erwartet werden dann geflüchtete Menschen aus Kamerun, Afghanistan, Pakistan und Syrien. "Die Liste wird bis Ende Juni erweitert. Das Landratsamt muss auch mühsam zusammenstellen, was passt. Stichwort ,sozialer Frieden‘", meinte Montassere.
Dietrich Herold, Gemeinderat und Sprecher des Bündnisses für Flüchtlingshilfe, fragte nach der Einnahmenseite. "Pro Kopf und Jahr erhalten wir 1125 Euro, plus jeweils 1400 Euro für einen neuen Einwohner", erklärte Michler. Stichtag sei der 30. Juni, daher sei es "unklug", wenn die Unterkunft erst später belegt werde. 140.000 Euro seien schließlich nicht "unerheblich".
Klar sei, dass hier für die nächsten beiden Jahre Flüchtlinge leben werden. Michler sagte, die Kommune sei auch in Verhandlungen mit dem Landkreis über die Nutzung des früheren Dentallabors in der Gerberstraße 4. Der Kreis hatte das Gebäude bis Oktober 2017 zur vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen angemietet und zuvor bei der Gemeinde angefragt, ob sie den Mietvertrag übernehmen wolle.
Da Edingen-Neckarhausen voraussichtlich weitere 40 Personen zugewiesen werden und die Gemeinde auch die Unterbringung von Obdachlosen gewährleisten muss, wäre die Übernahme unter gewissen Voraussetzungen denkbar. Klar ist aber auch, dass das Gebäude "abgewohnt" ist, wie Silke Buschulte-Ding vom Bündnis anmerkte. "Es gibt Baumängel, und wir müssten hier Geld in die Hand nehmen", bestätigte Michler. Er sagte aber auch: "Wir müssen erst die Kosten ermitteln und rechnen."