Meningokokken-Todesfall: "Bei Meningokokken zählt wirklich jede Viertelstunde"
Heidelberg. (hö) Professor Klaus Heeg ist stellvertretender Sprecher des Zentrums für Infektiologie der Universität Heidelberg - und dort Ärztlicher Direktor des Bereichs Medizinische Mikrobiologie und Hygiene. Die RNZ wollte von Heeg angesichts des aktuellen, tödlich verlaufenen Falls von Meningokokken Typ B im südhessischen Lindenfels wissen, wie gefährlich diese Krankheit ist - und ob man sich Sorgen machen muss.
Herr Professor Heeg, wie gefährlich sind denn Meningokokken Typ B?
Meningokokken sind ein ganz normaler Keim der Rachenschleimhaut, den zehn bis zwanzig Prozent der Bevölkerung in sich tragen. Nur einige wenige Stämme sind in der Lage, bedrohliche Infektionen auszulösen - auch wenn unklar ist, welche Stämme das genau sind. Aber auch die Immunlage des Menschen spielt hierbei eine große Rolle.
Wie häufig sind Meningokokken B?
Unter einer Erkrankung pro 100.000 Einwohner. Wir zählen in Deutschland rund 500 Erkrankungen im Jahr. Und immer dann, wenn eine Erkrankung aufgetreten ist, hat die unmittelbare Umgebung des Kranken ein erhöhtes Risiko einer Infektion- auch weil die Erkrankung bereits ansteckend ist, bevor sie ausgebrochen ist. Deswegen ist sie auch meldepflichtig, das Gesundheitsamt versucht dann, die Kontaktpersonen ausfindig zu machen, also beispielsweise in Schulen und Kindergärten.
Wie wird dann behandelt?
Ganz klassisch mit Antibiotika. Das funktioniert in der Regel gut - Resistenzen oder Nebenwirkungen sind ganz selten. Wichtig ist nur: je schneller, desto besser. Denn gefährlich ist nicht nur die Hirnhautentzündung, sondern besonders die Blutvergiftung, die im späteren Krankheitsverlauf eintreten kann.
Was raten Sie Eltern?
Wenn die Antibiotika-Behandlung der Kontaktpersonen erfolgt ist, besteht keine Gefahr mehr. Und wer keine Kontaktperson eines Erkrankten ist, muss sich keine Sorgen machen. Daher glaube ich auch nicht, dass der aktuelle Fall aus dem Odenwald noch größere Kreise zieht, denn die Ausbreitung der Krankheit wurde ja schnell gestoppt. Aber wenn ein Kind die typischen Symptome - Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Schwindel, Schläfrigkeit und vor allem einen unbeweglichen Nacken - entwickelt, sollte es sofort zum Arzt. Bei Meningokokken zählt wirklich jede Viertelstunde.
Es gibt Diskussionen, ob man gegen Meningokokken B impfen soll. Was ist Ihre Meinung?
Es gibt eine klare Impfempfehlung für Meningokokken C, die auch weitgehend befolgt wird. Bis 2013 hatten wir für Typ B gar keinen Impfstoff. Aber der ist sehr teuer - und bisher ist auch die Datenlage noch nicht ausreichend. Daher gibt es momentan keine generelle Impfempfehlung. Aber auf längere Sicht könnte ich mir vorstellen, dass die mal kommt.