"Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi" in Heidelberg: Von Peng und Pi und ein bisschen Philosophie (plus Video)
Von Anica Edinger
Es gibt diese Künstler, die Fragen aufwerfen wie: Wieso ist ihnen nicht längst der große Durchbruch gelungen? Wieso werden sie nicht mit Preisen überhäuft? Wieso stürmen sie nicht regelmäßig die Charts? Und wieso hört man nicht sie, sondern nur Ed Sheeran im Radio? Robert Gwisdek alias "Käptn Peng" ist einer dieser Künstler. Der 33-jährige Schauspieler - bekannt aus Filmen wie "Alki Alki" und Tatort-Folgen -, Buchautor und Musiker war am Donnerstag mit seiner Band "Die Tentakel von Delphi" in der restlos ausverkauften Halle 02 - und legte vor gut 1200 Fans einen grandiosen Auftritt hin. Mit dabei hatte die fünfköpfige Kombo ihr drittes Studioalbum "Das nullte Kapitel".
Vier Gründe, warum man die Platte, die Band und ihre Live-Auftritte einfach lieben muss:
1. Die Stimmung: Robert Gwisdek ist ein Grundsympath. Lässig mit Beanie-Mütze, offenem Hemd und T-Shirt feiert er seine Songs auf der Bühne genauso wie die Menge in der Halle 02. Er hüpft, tanzt - und ist fröhlich. Zwangsläufig muss das anstecken. "Wir sind eine schüchterne Band", schickt er dem Konzert voraus, "deshalb wollten wir Euch fragen, ob ihr Bock hättet, für die nächsten zwei Stunden unsere Freunde zu sein?" Der tosende Applaus ist die Antwort: Ja, wir wollen! Am liebsten nicht nur für die nächsten zwei Stunden, sondern für immer.
2. Die Texte: Käptn Pengs Songs sind inhaltlich das intelligenteste, was es derzeit auf dem deutschen Hip-Hop-Markt gibt. Gwisdek macht Gedankenakrobatik auf höchstem Niveau - und driftet gerne auch ins Philosophische ab. Genau das macht die Musik so spannend: Sie regt zu einer Reise des Geistes an. In der Halle 02 erklärt Peng seine Faszination für die Zahl Pi: Dass die Stellen hinter dem Komma unendlich sind, "ist schon ein krasser Gedanke", so Peng - und rappt: "Pi ist ein Kind der Ewigkeit, doch sieht sie nicht/Das Licht und das Nichts, sie besiegten sich/Durch ihr eigenes Kind/Der Mensch bleibt blind/Solange Pi in seinen Zellen seine Zahlen singt/Wird der Mensch nicht frei, er bleibt sich fremd/Bis er hinter allen Ziffern den Kreis erkennt." Und was laut Peng aus der Menschheit geworden ist, berappt er großartig in "MC HomoSapiensSapiens": "Ich bin hochbegabt, aber blind/Millionen Jahre alt, aber immer noch ein Kind/Ich bin die Krone der Schöpfung/Und arbeite langsam an meiner eigenen Löschung."
3. Die Instrumente: "Käptn Peng & die Tentakel von Delphi" verzichten auf Audiosamples - und setzen auf ein Potpourri an Instrumenten. Cello, Gitarre, Schlagzeug, Keyboard, Percussions, Triangel, Xylophon aber auch Haushaltsgegenstände wie Kuchenbleche oder alte Koffer sorgen für einen unverwechselbaren Klang - der handwerklich einwandfrei umgesetzt wird. Text und Melodie ergänzen sich perfekt, mal mystisch, mal träumerisch, mal fröhlich. Einfach ein Hochgenuss.
4. Die Show: "Käptn Peng & die Tentakel von Delphi" sind nicht nur fünf Musiker auf der Bühne - sondern auch zwei Techniker, die für eine spektakuläre Lichtshow sorgen. Peng live ist viel mehr als nur Konzert - mal tritt der Rapper mit einer Socke an seiner Hand ins Gespräch, mal als Fuchs verkleidet mit seinem Bruder Johannes. Die beiden starteten 2009 das Hip-Hop-Projekt "Shaban feat. Käptn Peng". Daraus entstanden ist etwa "Sie mögen sich" - die Geschichte zweier Liebender, die sich in Füchse verwandeln, keine Füchse mehr sein wollen, traurig sind, zu anderen Tieren werden - und plötzlich einen Kreis entdecken.