Rund 250.000 Tschechen fordern Rücktritt von Regierungschef Babis
Hunderttausende Tschechen haben am Samstag bei einer Demonstration in Prag den Rücktritt von Regierungschef Andrej Babis gefordert. Einen Tag vor dem 30. Jahrestag der Samtenen Revolution, die die kommunistische Herrschaft in der damaligen Tschechoslowakei beendet hatte, versammelten sich die Menschen in der Hauptstadt und skandierten "Schande" und "Tritt zurück!".
Innenminister Jan Hamacek gab die Zahl der Teilnehmer nach Angaben der tschechischen Nachrichtenagentur CTK mit rund 250.000 an. Die Menschen kamen im Letna-Park zusammen, wo schon 1989 einige der größten Demonstrationen stattgefunden hatten. Auslöser für die sogenannte Samtene Revolution war die brutale Auflösung einer Studentendemonstration am 17. November 1989 in Prag.
Sie sei nach Prag gekommen, um für die "Demokratie zu kämpfen", die in Gefahr sei, sagte die 20-jährige Studentin Kristyna Kovarova am Samstag. "Ich mag die Lügen unseres Ministerpräsidenten nicht", erklärte der ebenfalls von außerhalb angereiste Josef Plandor. Die Nichtregierungsorganisation "Eine Million Momente für die Demokratie" hatte zu dem Massenprotest aufgerufen.
Der Milliardär Babis, der ein Medien- und Industrie-Imperium in Tschechien geschaffen hat, führt eine Minderheitsregierung, die von den Kommunisten im Parlament toleriert wird. Der 65-Jährige steht im Verdacht, mit seinem Konzern Agrofert unrechtmäßig EU-Subventionen in Millionenhöhe eingestrichen zu haben. Während er die Vorwürfe zurückweist, sieht die EU-Kommission zudem einen möglichen Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion als Politiker und als Unternehmer.
Seit Ende April gibt es in Prag und anderen Städten in Tschechien immer wieder Kundgebungen gegen den in der heutigen Slowakei geborenen Babis. Der laut "Forbes"-Magazin fünftreichste Tscheche war laut Unterlagen der kommunistischen Geheimpolizei in den 80er Jahren einer ihrer Mitarbeiter. Auch dies bestreitet Babis. Zuletzt hatten im Juni ebenfalls rund 250.000 Tschechen bei einer Demonstration in Prag seinen Rücktritt gefordert.