Schönau: Hier lebt ein altes Handwerk wieder auf
Schönau. (kaz) In der ehemaligen "Tuchmacher-, Schönfärber- und Stoffdrucker-Stadt" Schönau gibt es neuerdings ein Geschäft, dessen Konzept an das traditionelle textile Handwerk anknüpft. Dieses hatten einst Glaubensflüchtlinge aus Wallonien im Gepäck, als sie im 16. Jahrhundert im Odenwald Zuflucht fanden. Gegenüber der Hühnerfautei mit ihrem kulturhistorischen Museum hat Karin Langer eine Näh- und Druckwerkstatt eröffnet, in der sie unter anderem mit Jahrhunderte alten Modeln arbeiten will. Also mit jenen, die das Museum in seinem Fundus hat. Außerdem sollen vor Ort Kurse stattfinden, in denen die alte Handwerkskunst vermittelt wird.
Dieses Projekt passt gut in ein als "Leader" bezeichnetes EU-Förderprogramm für den Ländlichen Raum, zu dem auch die jeweiligen Bundesländer finanziell etwas beisteuern. Der Verein "Regionalentwicklung Neckartal-Odenwald aktiv" unter Vorsitz von Heiligkreuzsteinachs Bürgermeisterin Sieglinde Pfahl und mit Geschäftsstelle in Mosbach sorgt für die Umsetzung der Idee vor Ort. Vor wenigen Tagen endete die Bewerbungsfrist für Existenzgründer, Firmen und Gemeinden, die in irgendeiner Form zur Entwicklung des Ländlichen Raums beitragen wollen. Sie müssen eine umfangreiche Bewerbungsmappe abliefern und sich einer 28-köpfigen Jury aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stellen. Doch das kann sich lohnen.
Weil sie das alles perfekt beantragte, bekam Karin Langer einen Zuschuss in Höhe von 57.479 Euro für ihre Existenzgründung. Das sind rund 40 Prozent des Investitionsvolumens. Die 56-Jährige, die mal Betriebswirtschaft studierte und beruflich zwischen Stewardess, Inhaberin eines Reisebüros und Fotografin schon so einiges ausprobiert hat, nennt ihr Geschäft ein "Familienunternehmen". Daher kommt der Name "Lileila", weil dieser auch die Vornamen von Tochter Linda und Sohn Leif enthält, die ihre Begabungen mit einbringen. Die letzte Silbe steht für "Langer" und schließt ihren handwerklich begabten Ehemann Dirk mit ein.
Zu ihrer Geschäftsidee kam sie, nachdem sie Anfang des Jahres für den Verein "Alt Schönau" die antiken Modeln fotografiert und katalogisiert hatte. Wenig später fertigte sie bedruckte Mäppchen und Rucksäcke aus stabilen Stoffen an. Ihr eigener Laden ist zwischen Wunsch und Wirklichkeit quasi ein Siebenmonatskind. Mehr Zeit war nicht, und so wurde ein ehemaliges Friseurgeschäft zur Näh- und Druckwerkstatt mit Verkaufsraum. Dort können auch andere regionale Anbieter eine Kiste für ihre Produkte mieten. Auch Kunsthandwerk und Lebensmittel aus eigener Produktion können von hier aus vermarktet werden.
"Ich bin schwer beeindruckt", sagte der Landtagsabgeordnete Hermino Katzenstein (Grüne) bei der offiziellen Einweihung. Dort gratulierte auch Tanja Ehrhard als Schönaus stellvertretende Bürgermeisterin und wünschte Langer "viel Erfolg und viel kauffreudige Kundschaft", die das Einkaufen ohne Parkgebühr zu schätzen weiß. "Ich bin mir sicher, dass ihr Projekt weit über Schönau hinaus strahlen wird", sagte Sieglinde Pfahl.